Karlauer Straße 46
Österreich » Steiermark » Graz » 8020
47° 3' 36.14" N, 15° 25' 50.09" E
Ehemalige Lederstampfe und Fahrradfabrik von Johann Puch
1815 erfolgte ein Umbau des Gebäudes, das unter der Hausmadonna befindliche Rundbogenportal wurde vermauert und der Hauseingang an die Südseite verlegt. Der damalige Besitzer, der Lederer Josef Höck, stammte aus Iglau und hatte 1793 in Graz den Bürgereid abgelegt; ein Franz Höck, vermutlich der Bruder von Josef, erhielt das Bürgerrecht 1809 und besaß Leder-Werkstätten am Lendkai (bei der heutigen Stigergassse) und in der Wiener Straße 63. 1838 - 1872 ist in der Karlauer Straße die Lederfabrik Manker ansässig.
Nachdem der Betrieb von Johann Puch in der Strauchergasse zu klein geworden war, mietete ersich hier ein und betrieb von 1891 - 1896 seine Fahrradfabrik, die ab 1900 als Styria-Dürrkopp-Fahrradwerke auf das Areal zwischen Köstenbaumgasse 17 (Köstenbaum-Mühle) und Karlauer Straße wechselte.
Wohnhaus: Das Korbbogen-Eingangsportal ist aus Marmor vom Steinberg bei Graz, der Keilstein mit den Initialen "JH" (J. Höck) mit Gerberfass, gekreuzten Walkstäben und Lorbeerzweigen, der Kämpfer mit der Inschrift "18" (links) bzw. "15" (rechts).
Straßenseitig ist in der Fassadenmitte eine kleine halbrunde Nische in zart profilierter Umrahmung mit Keilstein um 1800. Die Sandsteinfigur einer Maria Immaculata, MARX SCHOKOTNIGG zugeschrieben, um 1710 - 1715, ist inzwischen leider verschwunden.
Ein Mitglied der Familie Kuss, die 1936 - 2002 im Besitz des Hauses war, und hier auch noch ein Fahrradgeschäft betrieb, ergänzt, dass dieses Objekt mit Kreuzgewölbekeller, Stuckdecken und massiven Ziegelwänden als besonders erhaltungswürdig eingeschätzt wird.
Hinter dem Haus (Karlauer Straße Nr. 42a, 44) die ausgedehnten dreigeschossigen ehemaligen Fabriksgebäude erhalten bzw. durch neue ergänzt.
P. Laukhardt (nach: Bürgerbuch; Pirchegger, Häuserbuch; Popelka, 1936; Stöckl, Industrie 1953; ÖKT 1984; H. Kuß)- Fehler beim Erstellen des Vorschaubildes: Datei fehlt
Wohnhaus der ehem. Stampfe - 2011
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Portal der Südfassade - 2011
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Die Hausmadonna an der Ostfassade - 2011
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Gerberzunftzeichen, 1811 und "JH" - 2011
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Werksgebäude am Mühlgang - 2011
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Werbeplakat - 1900 ca.
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Fahrradwerke (Ansichtskarte) - 1894
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Fabrikhalle innen - 1900 ca.
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Vergleichsansicht zu 1894 - 2022
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Dürrkoppwerk, rechts das alte Werk - 1920
Kommentare
Im Juni 2016 gemachte Fotos zeigen eine teilweise weiter abgeräumte Fassade, die Madonna ist verschwunden. Es scheint die Gefahr eines Abbruchs zu bestehen, weshalb das Landeskonservatorat verständigt wurde. Das Landeskonservatorat Steiermark teilte am 19.9.2016 leider mit, dass eine Besichtigung zu dem Ergebnis geführt habe, dass der Gebäudekomplex keine für eine Unterschutzstellung ausreichende geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung im Sinne des Denkmalschutzgesetzes aufweist. So wird also vermutlich wieder ein Stück Grazer Industriegeschichte vernichtet werden. Laukhardt (Diskussion) 18:40, 3. Okt. 2016 (CEST)
Im Frühjahr 2022 verdichten sich die Gerüchte, dass es zu einem Abbruch des bedeutenden Industrie-Denkmals kommen könnte; als Grund wird u. a. die geplante Tram-Linie angeführt. Nachdem sich für den 22. Juni 2022 sogar eine Theater-Aufführung als "Abschied" angesagt hat, haben wir die zuständigen Stellen der Stadt Graz um Aufklärung ersucht. In einem Leserbrief an den "Grazer", der unsere Mahnung am 12.6.2022 abgedruckt hat, schreibt Helmut Kuss: "Ich habe Ihren Beitrag über das Haus, das von 1936 - 2002 im Besitz unserer Familie war, gelesen. Der Inhalt stimmt mich traurig, denn meiner Meinung nach ist dieses Objekt mit Kreuzgewölbekeller, Stuckdecken, massiven Ziegelwänden usw. besonders erhaltungswürdig ...". Laukhardt (Diskussion) 12:57, 20. Jun. 2022 (CEST) Am 22.6.2022 richtet SOKO Altstadt noch ein flammenden Appell an den Landeskonservator, den Komplex unter Schutz zu stellen. Laukhardt (Diskussion) 10:29, 22. Jun. 2022 (CEST) Das Theater-Ensemble "Bum bum pieces" zeigte am selben Tag die angekündigte Abschieds-Vorstellung, in der die wechselvolle Geschichte des Hauses in vier Jahrhunderten gekonnt dargestellt wurde. Leider fiel der letzte Teil der Vorstellung "ins Wasser". Dennoch waren die Besucher beeindruckt und konnten nicht verstehen, warum ein derartig geschichtsträchtiges Haus sterben sollte. Ein kritischer Bericht in der Architektur-Plattform gat.st ließ kurz danach staunen. Über "Europan" hatte es einen Wettbewerb zur Gestaltung des Areals gegeben, die angekündigte Ausstellung der Ergebnisse fand aber fast ausschließlich hinter verschlossenen Türen statt, so dass die Öffentlichkeit davon nicht informiert war.Laukhardt (Diskussion) 16:48, 5. Jul. 2022 (CEST) Erst im Spätsommer 2022 wurde bekannt, dass es längst eine Abbruchbewilligung der Baubehörde gibt. Wie war das möglich, wenn es doch für das betroffenen Areal eine Verpflichtung zur Erstellung eines Bebauungsplanes gibt? Zuerst abreißen, dann planen? Eine Juristen der Baubehörde dazu: Es ist "ein Bebauungs(!)plan ausschließlich in jenen Fällen zu erstellen, in welchen es um eine Bebauung einer Fläche geht und nicht um einen Abbruch. Zweck eines Bebauungsplanes ist eine Entwicklung der Struktur und Gestaltung von Bauland. Der Bebauungsplan regelt die Art und Weise der möglichen Bebauung (!) von Grundstücken; er regelt also wie gebaut werden darf." Diese Meinung widerspricht wohl völlig der städteplanerischen Idee, denn Bebauungspläne dienen ja in der Regel der Weiterentwicklung bereits bestehender Bauareale.
Laukhardt (Diskussion) 13:50, 3. Jan. 2023 (CET)